Thema : SEP 1520

Mikroskopische Prüfung der Karbidausbildung in Stählen

Die nachfolgende Beschreibung ist nicht der Text der Originalnorm oder Prüfanweisung sondern eine Zusammenfassung des Prüfverfahrens im allgemeinen, mit den wichtigsten Merkmalen wie Einsatzgebiet und Anwendungsweise mit zum Teil eigenen Interpretationen. Die genormten Hinweise und Daten zu diesem Thema entnehmen sie bitte der oben genannten Norm oder dem Stahl-Eisen-Prüfblatt.

Das Stahleisenprüfblatt 1520 hat Gültigkeit für Stähle deren Legierungsanteil nicht über 5 % liegt und die in einem Kohlenstoffbereich zwischen 0,1 und 1,2 % angesiedelt sind. Entgegen älterer Ausgaben gilt es somit nicht nur für Wälzlagerstähle sondern auch für Bau- und Werkzeugstähle. Bei der Beurteilung wird auf die Größe, Form, Anordnung und die Mengenverteilung von Karbiden eingegangen. Im Allgemeinen werden für die Beurteilung der Reihen 1 bis 5 Querschliffe (oder auch Längsschliffe) und für die Reihen 6 und 7 zwingend Längsschliffe hergestellt. Die Proben werden geschliffen und poliert. Für die Ätzung wird alkoholische Salpetersäure oder alkoholische Pikrinsäure (für die Reihen 1 - 4) benutzt. Für die Erprobung der Reihen 5 bis 7 werden die Proben im Regelfall zuvor gehärtet. Die Schliffe für die Beurteilung der Reihen 5 bis 7 werden mit 10 prozentiger Salpetersäure geätzt (Tiefätzung).
Die Angabe von Kennwerten erfolgt nach dem Schema Merkmalsart.Merkmalsstufe z. B. 2.2 oder 3.4 Die Benutzung eines Meßkreises im Okular (d = 0,8 mm) vereinfacht die Beurteilung, da dann die Bewertungsausschnitte direkt mit den Richtreihenbildern vergleichbar sind. Die Schliffe werden unter dem Mikroskop bei verschiedenen Vergrößerungen beurteilt. Die Beurteilung der Reihen 1 , 6 und 7 erfolgt bei einer Vergrößerung von 100:1 . Bei den Reihen 2 , 3 und 4 ist eine 1000 fache Vergrößerung anzuwenden. Reihe 5 wird bei 200:1 ausgewertet. Die Bildtafel ist in 7 Reihen aufgeteilt, die in 10 Zeilen unterteilt sind (Reihe 2 nur 6 Zeilen).
Bei der Bewertung des Einformungsgrades bzw. des Perlitanteils wird der Flächenanteil des Umwandlungsgefüges (bspw. des Perlit) auf den Grad des Strukturzerfalls hin überprüft. Perlitlamellen die noch als solche zu erkennen sind gelten als nicht eingeformt. Karbide die nahezu rundlich sind (bspw. besser als Länge/Breite Verhältnis von 3:1) gelten als eingeformt. Das Verhältnis von eingeformtem Zementit zum Anteil an Restlamellen ergibt den Einformungsgrad. Körner mit freiem Ferrit (karbidfreie Bereiche) werden bei der Anteilsberechnung nicht berücksichtigt.
Problematik :
Die Norm ist in der Anwendung der Vergleichsbilder nicht eindeutig beschrieben und läßt gelegentlich einen gewissen Interpretationsspielraum zu. Die Vergleichsbilder passen nicht immer zu den zu untersuchenden und zu bewertenden Schliffbildern, was zum Teil auch auf werkstoffbedingte Variationen im Gefüge, des Erschmelzungsverfahrens und der Umformung zurückzuführen ist. Insbesondere ergeben sich oft Bewertungsschwierigkeiten hinsichtlich der Bildreihen 5 und 7 da diese beiden Reihen zwei Merkmale in sich vereinen. Bei Reihe 5 steigt neben dem Grad der Geschlossenheit gleichzeitig auch die Dicke des Netzwerks. In Fällen in denen nicht gleichzeitig beide Merkmale einem Vergleich standhalten ist ein Kompromiss zu suchen. Die Reihe 7 zeigt aufsteigende Zeilenbreiten wobei aber die dargestellte Dichte der Karbide innerhalb der Zeilen nur sehr selten so stark vorkommt. Seigerungsbereiche in echten Schliffen setzen sich vereinzelt aus nahe beieinanderliegenden Einzelzeilen zusammen. In Fällen in denen die Bewertungskriterien nicht voll zutreffen ist ein angemessener Kompromiss einzugehen. Eine kräftigere Ausbildung beim Netzwerk sowie eine höhere Dichte innerhalb von Zeilen hat sicherlich einen größeren negativen Einfluss als ein gut ausgebildetes aber feines Netzwerk oder eine breitere Zeile die aber nur eine geringe Karbiddichte aufweist. Locker angeordnete Karbide oder ein dünnes Netzwerk sind gütemäßig sicherlich günstiger einzustufen als dicht angeordnete Karbide oder eine dicke Belegung der Korngrenzen. Bei der Beurteilung und Zuweisung der Kenngrößen sollte diesem Umstand Rechnung getragen werden.

Erklärungen und Beispielbilder zu den verschiedenen Reihen :

Reihe 1 - Ferritanteil FA : Flächenanteil von freiem Ferrit im Schliff
  Innerhalb der Korngrenzen dieser Körner sind nahezu keine Karbide mehr vorhanden
  Mit steigender Bildnummer nimmt der Anteil an freiem Ferrit ab
  Bereich : FA 1.0 bis FA 1.9
  Bild 0 ca. 99% und Bild 9 ca. 1%
  Ermittlung der Kennwerte : Übersicht über den Querschnitt

Reihe 2 - Karbidgröße CG : Größe der globularen Karbide
  Mit steigender Bildnummer nimmt der Karbiddurchmesser zu
  Die Anzahl der Karbide wird geringer
  Bereich : CG 2.0 bis CG 2.5
  Bild 0 ca. 0,2 µm , Bild 2 ca. 1 µm und Bild 5 ca. 3 µm
  Ermittlung der Kennwerte : Vorherrschende Karbidgröße

Reihe 3 - Perlitanteil PA : Flächenanteil von lamellarem Perlit im globularen Perlitanteil
  Mit steigender Bildnummer nimmt der Anteil an lamellarem Perlit zu
  Bei der Beurteilung wird nur der mit Karbiden bedeckte Bereich ausgewertet
  Freier Ferrit wird nicht mit einbezogen
  Bereich : PA 3.0 bis PA 3.9
  Bild 0 ca. 0% und Bild 9 ca. 90%
  Ermittlung der Kennwerte : Vorherrschender (und eventuell maximaler) Perlitanteil

Reihe 4 - Karbidnetzwerk CN : Menge und Einformung von Korngrenzenkarbiden (geglühter Zustand)
  Es werden Geschlossenheit und Dicke des Netzwerks berücksichtigt
  Ein Netz wird durch mehrere in einer Linie liegende Karbide gekennzeichnet
  Die einzelnen Karbide eines Netzwerks sind gestreckt (Länge/Breite >= 5:1)
  Bereich : CN 4.0 bis CN 4.9
  Bild 0 zeigt kein und Bild 9 ein geschlossenes Netzwerk
  Ermittlung der Kennwerte : Vorherrschendes Karbidnetzwerk

Reihe 5 - Karbidnetzwerk CN : Menge und Einformung von Korngrenzenkarbiden (gehärteter Zustand)
  Es werden Geschlossenheit und Dicke des Netzwerks berücksichtigt
  Die Werte sind nicht direkt mit der Reihe 4 vergleichbar
  Bereich : CN 5.0 bis CN 5.9
  Bild 0 zeigt kein und Bild 9 ein sehr starkes geschlossenes Netzwerk
  Ermittlung der Kennwerte : Vorherrschendes Karbidnetzwerk

Reihe 6 - Karbidzeiligkeit CZ : Karbidzeiligkeit in geschlossener Form
  Die Abstufung der Bilder erfolgt nach Breite und Häufigkeit der Zeilen
  Bereich : CZ 6.0 bis CZ 6.9
  Bild 0 zeigt keine und Bild 9 starke und sehr breite Zeilen
  Ermittlung der Kennwerte : Stärkste Zeiligkeit

Reihe 7 - Karbidzeiligkeit CZ : Karbidzeiligkeit in aufgelockerter Form
  Die Abstufung der Bilder erfolgt nach Breite und Dichte der Zeilen
  Bereich : CZ 7.0 bis CZ 7.9
  Bild 0 zeigt keine und Bild 9 starke und sehr breite Zeilen
  Ermittlung der Kennwerte : Stärkste Zeiligkeit

 
 

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