Probenvorbereitung und Schliffherstellung
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Die Proben, die in der Metallografie untersucht werden sollen, müssen in der Regel einen festgelegten Präparationsplan durchlaufen. Eine Ausnahme bilden hier die Abdruckverfahren und die mikroskopische Untersuchung am fertigen Bauteil. Bei diesen Untersuchungsmethoden ist der Ablauf der Probenvorbereitung ein wenig anders. In zwei gesonderten Punkten finden sie eine kleine Verfahrensbeschreibung am Ende des Textes. Für die allgemeine Schliffherstellung gilt nachfolgende Reihenfolge.

1. Problemstellung

2. Probenentnahme

3. Vorschleifen

4. Einbetten

5. Schleifen

6. Polieren

7. Maschinelle Präparation

8. Reinigen

9. Ätzen

10. Direkt am Bauteil

11. Abdruckverfahren

 

1. Problemstellung

Besonderes Augenmerk muss der Probenahme gewidmet werden. Eine falsche Probenahme kann das gesamte Untersuchungsergebnis verfälschen oder eine sachliche Beurteilung unmöglich machen. Nachträglich Korrekturen sind aufwendig oder sogar unmöglich. Die Proben sind vor der weiteren Verarbeitung zu kennzeichnen um spätere Verwechslungen auszuschließen.
Gezielte Probenentnahme
Diese Verfahrensweise findet z. B. für Fehleruntersuchungen an der Oberfläche oder im Kern Anwendung. Für Untersuchungen auf partielle Gefügebeeinflussungen und gezielte Bestimmung einer Randentkohlung müssen Proben ebenfalls gezielt genommen werden. In all diesen Fällen muss die zu untersuchende Stelle vollständig im Schliff vorhanden sein.
Systematische Probenentnahme
Für Routine-, Reihen- und Freigabeuntersuchungen werden Proben nach einem festgelegten Prüfschema entnommen. In diesen Prüfschemata werden Faktoren wie Probenmenge, Erprobungslage am Produkt und Richtung der Schliffebene festgelegt. Reihenuntersuchungen zur Materialerforschung fallen auch in diese Kategorie.

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2. Probenentnahme

Zuerst muss festgelegt werden in welcher Probenebene die Untersuchung erfolgen soll. Demgemäss werden Rohlinge quer oder längs zur Verformungsrichtung entnommen. Die Entnahme der Probenrohlinge kann durch Sägen, Trennen oder Brennen erfolgen. Welche Methode zur Anwendung kommt hängt in erster Linie von Faktoren wie Größe, Härte und Werkstoff ab. Einflüsse wie zu starke Erwärmung oder Formänderung der Rohlinge sind in jedem Fall zu vermeiden.
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3. Vorschleifen

Das Vorschleifen erfolgt um die Bearbeitungsschicht, die bei der Probeentnahme entstanden ist, zu entfernen und um die Probe für die weitere Präparation vorzubereiten. In der Regel geschieht dies auf einen Schleifband mit grober Körnung oder an einem Schleifstein.
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4. Einbetten

Für die Schliffherstellung wird der Probenrohling entweder eingebettet oder direkt in Probenhaltern geklammert. Kleine Proben werden am besten eingebettet, während große Proben meistens besser direkt eingespannt werden.
Beim Klammern von Proben muss darauf geachtet werden, dass die spätere Schlifffläche weit genug von der Einspannung entfernt ist um Verformungen zu vermeiden.
Bei dem Einbettverfahren unterscheidet man zwischen Kalteinbettung und Warmeinbettung.
Bei der Warmeinbettung werden spezielle Kunststoffe verwandt, die unter Druck und Hitze mit Hilfe einer speziellen Warmeinbettpresse verarbeitet werden. Die Proben werden einzeln oder zu mehreren in eine Einbettform gestellt und mit dem Kunststoffgranulat zugeschüttet. In der Presse schmilzt der Kunststoff und füllt alle Hohlräume in der Einbettform aus. Nach der Abkühlung ist die Probe für die weitere Präparation fertig. Vorteil der Warmeinbettung ist die bessere Verbindung von Probe und Einbettmittel. Dadurch gibt es so gut wie keine Spaltbildung. Nachteil ist die längere Zeit für die Einbettung und der größere Aufwand bei Massenuntersuchungen.
Kalteinbettmittel bestehen meist aus 2 Komponenten. Die Flüssigkeit und das Kunststoffpulver werden in einem bestimmten Mischungsverhältnis gemischt und die zähflüssige Masse kann dann für einen kurzen Zeitraum für Einbettungen verwandt werden. Die Proben werden einzeln oder zu mehreren in eine Einbettform gestellt und mit der Einbettmasse zugegossen. Nach einigen Minuten setzt dann unter einer mäßigen Wärmeentwicklung der Aushärteprozess ein. Nach der Abkühlung können die Proben dann weiterverarbeitet werden.
Vorteil der Kalteinbettung sind die geringeren Kosten und die schnellere Anwendbarkeit. Der Hauptnachteil ist sicherlich in einem gewissen Maß an Schwindung zu sehen, wodurch eine Spaltbildung zwischen Einbettmasse und Probe entsteht. Dadurch kann es zu Verlust an Randschärfe bei der späteren Präparation kommen. Für alle Einbettmittel gelten folgende Anforderungen:
  1. Es dürfen keine Reaktionen (z. B. Diffusion) mit der Probe auftreten
  2. Es muss Resistenz gegen Säuren und andere Chemikalien vorhanden sein
  3. Die Proben müssen sich aus der Einbettmasse herauslösen lassen
  4. Genügend hohe Härte für die weitere Präparation
  5. Blasenfreie und nahezu schwundarme Aushärtung

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5. Schleifen

Das Schleifen dient der Abarbeitung von Unebenheiten und Verformungsschichten. Es dient zur Vorbereitung auf den Poliervorgang. Der Schleifvorgang wird in mehreren Schritten ausgeführt. Hierbei kommen Schleifpapiere grober bis sehr feiner Körnung zum Einsatz. Gängige Schleifpapiere weisen Körnungen von 100 bis 1000 auf. Bei dem Schleifvorgang ist darauf zu achten, dass die Probe sich nicht zu stark erwärmt und hierdurch Beeinflussungen in der Schliffebene ergeben. Es kann trocken und nass geschliffen werden. Die Schleifrichtung sollte beim Wechsel des Schleifpapiers um 90° gedreht werden. Dadurch wird die Abtragswirkung verbessert und die Schleifkratzer der vorigen Schleifstufe werden besser entfernt. Zwischen den verschiedenen Schleifstufen sind die Proben gut zu reinigen, damit keine Schleifmittelreste aus der Vorstufe die weitere Präparation erschweren.

Die Grid- oder Meshzahl (Körnung bei Schleifpapieren) kennzeichnet den Wert der Anzahl Maschen pro Quadratzoll eines Siebes mit dem die Schleifkörner ausgesiebt werden.
Vergleichstabelle mit Mittelwerten der Korndurchmesser in µm :

Körnung

ca. µm

60

260

80

200

120

125

180

75

220

66

240

58

320

46

400

35

500

30

600

26

800

22

1000

18

1200

14

2400

7

4000

4

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6. Polieren

Wenn die Proben bis zur feinsten Körnung geschliffen worden sind müssen sie noch poliert werden. Das Polieren hat den Zweck die feinen Unebenheiten des Schleifvorgangs abzutragen. Als Poliermittel kommen Tonerde oder Diamantsuspensionen zum Einsatz. Diamantsuspensionen von 6 - 15 µm Korndurchmesser werden zum Vorpolieren und Korngrößen von 3 µm und feiner zum Schlußpolieren benutzt. Beim Polieren kann, je nach Materialbeschaffenheit, ein leichtes, seltener ein starkes, Relief auftreten. Das hängt mit den unterschiedlich harten oder zähen Gefügebestandteilen im Stahl zusammen. Beim Polieren sollte die Probe immer wieder gedreht werden um Polierfähnchen zu vermeiden. Ein zu langes Polieren oder mit zu hohem Polierdruck ist zu vermeiden, da es sonst zu Bildung kleiner Löcher, durch ausgewaschene Einschlüsse, kommen kann.
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7. Maschinelle Präparation

Heutzutage wird bei größeren Probenmengen meist eine automatische oder halbautomatische Probenpräparation eingesetzt. In diesen Automaten werden die Proben in speziellen Probenhaltern eingespannt und durchlaufen dann die verschiedenen Präparationsstufen. Meist wird auf einem Schleifstein grob vorgeschliffen. Anschließend wird auf speziellen Poliertüchern mit 2 oder 3 unterschiedlichen Diamantsuspensionen geschliffen und poliert. Ein Schleifen mit herkömmlichen Schleifpapieren entfällt hier ganz. Auch bei der maschinellen Schliffpräparation muss zwischen den einzelnen Arbeitsschritten ein Reinigungsvorgang liegen. Die Vollautomaten erledigen diese Aufgabe selbständig, bei den Halbautomaten ist an dieser Stelle der Metallograf in der Pflicht. Schliffe die mit diesem Verfahren präpariert werden, sind gut reproduzierbar, da die Parameter wie Zeit und Druck festgelegt werden können.
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8. Reinigen

Bei der Schliffherstellung ist Sauberkeit ein wichtiger Gesichtspunkt. Nach dem Polieren müssen die Schliffe gründlich gereinigt werden. Zurückgebliebene Reste der Probenpräparation können die Schliffauswertung oder das anschließende Ätzen empfindlich stören. Die Schliffe werden unter fließendem Wasser mit einem Wattebausch abgerieben. Zum Schluss werden die Proben noch mit Alkohol abgespült und anschließend getrocknet. Zum trocknen wird meist ein Fön oder Händetrockner benutzt. Im Warmluftstrom trocknet der Alkohol sehr schnell ohne Flecken oder Streifen zu hinterlassen.
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9. Ätzen

Die polierten Schliffe müssen meistens noch geätzt werden um eine Untersuchung des Gefüges zu ermöglichen. Ohne Ätzung lassen sich nur Materialfehler wie Risse, Poren oder nichtmetallische Einschlüsse untersuchen. In seltenen Fällen gibt es auch Phasen die eine Eigenfarbe aufweisen die sich von der hellen Schlifffläche abhebt oder deren Härte stark von der des Grundwerkstoffs abweicht und so ein Relief zu erkennen ist. Die Sichtbarmachung des Gefüges wird entweder durch Erzeugung unterschiedlich starker Oxidschichten oder durch Reflexion des Lichts an unterschiedlich geartetem Relief verursacht.
Es wird zwischen Makro- und Mikroätzung unterschieden. Ebenfalls gibt es eine Einteilung von Kurzzeit- und Langzeitätzungen. Kurzzeitätzungen sind im Zeitrahmen von Sekunden bis ein paar Minuten angesiedelt, während Langzeitätzungen bis zu mehreren Stunden dauern können. Die meisten Ätzmittel werden bei Raumtemperatur angewandt. Einige Ätzungen werden aber auch bei höheren Temperaturen durchgeführt. Anlassätzungen erfolgen bei Temperaturen von ein paar hundert Grad. Nach Beendigung des Ätzvorgangs werden die Proben mit Wasser abgespült und nach einsprühen mit Alkohol getrocknet (nicht bei der Anlassätzung). Die Behandlung mit Alkohol verhindert die Bildung von Wasserflecken auf der Schliffoberfläche. Um ein Anlaufen der Schlifffläche und ein Austreten von Feuchtigkeit aus vorhandenen Spaltbildungen zu verhindern kann die Probe mit einem speziellen Lack eingesprüht werden. Die Makroätzung soll einen Gesamtüberblick über Seigerungen und Primärstruktur vermitteln. Die dafür anfallenden Vergrößerungen bei der Beurteilung liegen im Bereich von 1:1 bis 30:1. Bei der Untersuchung von mikrogeätzten Schliffen werden Vergrößerungen von 50:1 bis 1000:1 angewandt. Der Einsatzzweck der Mikroätzung ist die Entwicklung der Mikrogefügestruktur.
Die gebräuchlichste Ätzmethode ist die Tauchätzung. Die Probe wird mit der Schlifffläche nach oben oder unten in einer Schale mit Ätzmittel eingebracht. Eine Ätzung der Probe mit der Schlifffläche nach oben ist vorzuziehen da man den Ätzfortschritt genau beobachten kann. Ein Schwenken der Probe verhindert ungleichmäßigen Ätzangriff. Spezielle Farbätzmittel werden zur besseren Unterscheidung einzelner Phasen und Gefügebestandteile benutzt. Es handelt sich hierbei um Niederschlagsätzungen. Dabei werden sehr dünne Sulfidschichten oder Oxidschichten auf der Schlifffläche gebildet. Die Dicke dieser Schichten, und damit ihre Farbabstufung, ist abhängig von der Kristallorientierung und dem Phasenaufbau. Bei der Anlassätzung wird die blank polierte Probe (ohne Einbettmasse) in einem Laborofen oder auf einer Heizplatte erhitzt. Die angewandten Temperaturen liegen je nach Stahlsorte zwischen 200° und 600° C. Durch unterschiedlich stark ausgebildete Oxidschichten können verschieden Phasen unterschieden werden.

Makroätzmittel

Mikroätzmittel

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10. Direkt am Bauteil

Bei der Prüfung direkt am Bauteil, gemeint sind hier alle Großteile die nicht zerstört werden dürfen, wird der interessierende Bereich am Bauteil selbst wie ein metallografischer Schliff präpariert. An einer Stelle der Oberfläche wird mittels einer Schleifhexe eine Schlifffläche angebracht. Man verwendet Fächerschleifer in verschiedenen Körnungen (z.B. 60, 150, 320). Nach dem Schleifen wird die spätere Schlifffläche noch poliert. Der Poliervorgang kann sowohl elektrolytisch als auch mechanisch erfolgen. Bei der mechanischen Methode wird Diamantpaste (3 µm oder 1 µm) mittels eines Poliertuchs, das an einem langsam laufendem Tellerschleifer angebracht ist, zum polieren benutzt. Anschließend wird mit herkömmlichen Ätzmitteln oder elektrolytisch geätzt. Zwischenätzen und Zwischenpolieren kann zu klareren Bildern führen. Wenn es darauf ankommt Kanten (z.B. von Fehlern oder Einschlüssen) genau abzubilden, muss in jedem Fall das mechanische Polieren eingesetzt werden. Bei dem elektrolytischen Polierverfahren würden die feinen Übergänge schnell ausgewaschen. Die Untersuchung der Schlifffläche wird mit Hilfe eines Aufsetzmikroskops (transportables Mikroskop) vorgenommen.
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11. Abdruckverfahren

Eine weitere Methode am Fertigteil Untersuchungen vorzunehmen ist das Abdruck- oder Replicaverfahren. Die Aussagefähigkeit und Abbildungsgenauigkeit ist fast mit der eines Schliffes vergleichbar. Die Probe wird wie unter Punkt 10 beschrieben vorbereitet. Anschließend wird eine Kopie des durch das Ätzen erzeugten Reliefs genommen. Als nächstes wird ein kleines Lackplättchen (Acetatfolie) mit einem Lösungsmittel, z.B. Aceton, beträufelt und so dessen Oberfläche leicht angelöst. Die angeweichte Seite des Lackplättchen wird auf die polierte und geätzte Schlifffläche gelegt. Nach einer kurzen Einwirkdauer, das Lösungsmittel soll dann vollständig verdunstet sein, kann das Plättchen wieder vorsichtig von der Oberfläche abgezogen werden. Um den Abdruck möglichst plan zu halten wird die Folie mit der Unterseite nach oben auf einem Objektträger befestigt. Durch das Polieren und Ätzen hat sich ein leichtes Relief an der Schliffoberfläche gebildet welches nun spiegelverkehrt im Lackabdruck wiederzufinden ist. Die mikroskopische Untersuchung kann an einem stationären Mikroskop vorgenommen werden. Es erleichtert die Beurteilung der Abdrücke im Lichtmikroskop deutlich, wenn man sie vor dem Betrachten dünn mit einer Goldschicht besputtert oder bedampft.
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