1. Problemstellung
Besonderes Augenmerk muss der Probenahme gewidmet werden. Eine falsche
Probenahme kann das gesamte Untersuchungsergebnis verfälschen oder eine sachliche
Beurteilung unmöglich machen. Nachträglich Korrekturen sind aufwendig oder
sogar unmöglich. Die Proben sind vor der weiteren Verarbeitung zu kennzeichnen
um spätere Verwechslungen auszuschließen.
Gezielte Probenentnahme
Diese Verfahrensweise findet z. B. für Fehleruntersuchungen an der Oberfläche
oder im Kern Anwendung. Für Untersuchungen auf partielle Gefügebeeinflussungen
und gezielte Bestimmung einer Randentkohlung müssen Proben ebenfalls gezielt genommen
werden. In all diesen Fällen muss die zu untersuchende Stelle vollständig
im Schliff vorhanden sein.
Systematische Probenentnahme
Für Routine-, Reihen- und Freigabeuntersuchungen werden Proben nach einem festgelegten
Prüfschema entnommen. In diesen Prüfschemata werden Faktoren wie Probenmenge,
Erprobungslage am Produkt und Richtung der Schliffebene festgelegt. Reihenuntersuchungen
zur Materialerforschung fallen auch in diese Kategorie.
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2. Probenentnahme
Zuerst muss festgelegt werden in welcher Probenebene die Untersuchung
erfolgen soll. Demgemäss werden Rohlinge quer oder längs zur Verformungsrichtung
entnommen. Die Entnahme der Probenrohlinge kann durch Sägen, Trennen oder Brennen
erfolgen. Welche Methode zur Anwendung kommt hängt in erster Linie von Faktoren
wie Größe, Härte und Werkstoff ab. Einflüsse wie zu starke Erwärmung
oder Formänderung der Rohlinge sind in jedem Fall zu vermeiden.
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3. Vorschleifen
Das Vorschleifen erfolgt um die Bearbeitungsschicht, die bei der Probeentnahme
entstanden ist, zu entfernen und um die Probe für die weitere Präparation
vorzubereiten. In der Regel geschieht dies auf einen Schleifband mit grober Körnung
oder an einem Schleifstein.
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4. Einbetten
Für die Schliffherstellung wird der Probenrohling entweder eingebettet
oder direkt in Probenhaltern geklammert. Kleine Proben werden am besten eingebettet,
während große Proben meistens besser direkt eingespannt werden.
Beim Klammern von Proben muss darauf geachtet werden, dass die spätere Schlifffläche
weit genug von der Einspannung entfernt ist um Verformungen zu vermeiden.
Bei dem Einbettverfahren unterscheidet man zwischen Kalteinbettung und Warmeinbettung.
Bei der Warmeinbettung werden spezielle Kunststoffe verwandt, die unter Druck und Hitze
mit Hilfe einer speziellen Warmeinbettpresse verarbeitet werden. Die Proben werden
einzeln oder zu mehreren in eine Einbettform gestellt und mit dem Kunststoffgranulat
zugeschüttet. In der Presse schmilzt der Kunststoff und füllt alle Hohlräume
in der Einbettform aus. Nach der Abkühlung ist die Probe für die weitere
Präparation fertig. Vorteil der Warmeinbettung ist die bessere Verbindung von
Probe und Einbettmittel. Dadurch gibt es so gut wie keine Spaltbildung. Nachteil ist
die längere Zeit für die Einbettung und der größere Aufwand bei
Massenuntersuchungen.
Kalteinbettmittel bestehen meist aus 2 Komponenten. Die Flüssigkeit und das Kunststoffpulver
werden in einem bestimmten Mischungsverhältnis gemischt und die zähflüssige
Masse kann dann für einen kurzen Zeitraum für Einbettungen verwandt werden.
Die Proben werden einzeln oder zu mehreren in eine Einbettform gestellt und mit der
Einbettmasse zugegossen. Nach einigen Minuten setzt dann unter einer mäßigen
Wärmeentwicklung der Aushärteprozess ein. Nach der Abkühlung können
die Proben dann weiterverarbeitet werden.
Vorteil der Kalteinbettung sind die geringeren Kosten und die schnellere Anwendbarkeit.
Der Hauptnachteil ist sicherlich in einem gewissen Maß an Schwindung zu sehen,
wodurch eine Spaltbildung zwischen Einbettmasse und Probe entsteht. Dadurch kann es
zu Verlust an Randschärfe bei der späteren Präparation kommen. Für
alle Einbettmittel gelten folgende Anforderungen:
1. Es dürfen keine Reaktionen (z. B. Diffusion) mit der Probe auftreten
2. Es muss Resistenz gegen Säuren und andere Chemikalien vorhanden
sein
3. Die Proben müssen sich aus der Einbettmasse herauslösen lassen
4. Genügend hohe Härte für die weitere Präparation
5. Blasenfreie und nahezu schwundarme Aushärtung
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5. Schleifen
Das Schleifen dient der Abarbeitung von Unebenheiten und Verformungsschichten.
Es dient zur Vorbereitung auf den Poliervorgang. Der Schleifvorgang wird in mehreren
Schritten ausgeführt. Hierbei kommen Schleifpapiere grober bis sehr feiner Körnung
zum Einsatz. Gängige Schleifpapiere weisen Körnungen von 100 bis 1000 auf.
Bei dem Schleifvorgang ist darauf zu achten, dass die Probe sich nicht zu stark erwärmt
und hierdurch Beeinflussungen in der Schliffebene ergeben. Es kann trocken und nass
geschliffen werden. Die Schleifrichtung sollte beim Wechsel des Schleifpapiers um 90°
gedreht werden. Dadurch wird die Abtragswirkung verbessert und die Schleifkratzer der
vorigen Schleifstufe werden besser entfernt. Zwischen den verschiedenen Schleifstufen
sind die Proben gut zu reinigen, damit keine Schleifmittelreste aus der Vorstufe die
weitere Präparation erschweren.
Die Grid- oder Meshzahl (Körnung bei Schleifpapieren)
kennzeichnet den Wert der Anzahl Maschen pro Quadratzoll eines Siebes mit dem die Schleifkörner
ausgesiebt werden.
Vergleichstabelle mit Mittelwerten der Korndurchmesser
in µm :
Körnung |
ca. µm |
60 |
260 |
80 |
200 |
120 |
125 |
180 |
75 |
220 |
66 |
240 |
58 |
320 |
46 |
400 |
35 |
500 |
30 |
600 |
26 |
800 |
22 |
1000 |
18 |
1200 |
14 |
2400 |
7 |
4000 |
4 |
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6. Polieren
Wenn die Proben bis zur feinsten Körnung geschliffen worden sind
müssen sie noch poliert werden. Das Polieren hat den Zweck die feinen Unebenheiten
des Schleifvorgangs abzutragen. Als Poliermittel kommen Tonerde oder Diamantsuspensionen
zum Einsatz. Diamantsuspensionen von 6 - 15 µm Korndurchmesser werden zum Vorpolieren
und Korngrößen von 3 µm und feiner zum Schlußpolieren benutzt.
Beim Polieren kann, je nach Materialbeschaffenheit, ein leichtes, seltener ein starkes,
Relief auftreten. Das hängt mit den unterschiedlich harten oder zähen Gefügebestandteilen
im Stahl zusammen. Beim Polieren sollte die Probe immer wieder gedreht werden um Polierfähnchen
zu vermeiden. Ein zu langes Polieren oder mit zu hohem Polierdruck ist zu vermeiden,
da es sonst zu Bildung kleiner Löcher, durch ausgewaschene Einschlüsse, kommen
kann.
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7. Maschinelle Präparation
Heutzutage wird bei größeren Probenmengen meist eine automatische
oder halbautomatische Probenpräparation eingesetzt. In diesen Automaten werden
die Proben in speziellen Probenhaltern eingespannt und durchlaufen dann die verschiedenen
Präparationsstufen. Meist wird auf einem Schleifstein grob vorgeschliffen. Anschließend
wird auf speziellen Poliertüchern mit 2 oder 3 unterschiedlichen Diamantsuspensionen
geschliffen und poliert. Ein Schleifen mit herkömmlichen Schleifpapieren entfällt
hier ganz. Auch bei der maschinellen Schliffpräparation muss zwischen den einzelnen
Arbeitsschritten ein Reinigungsvorgang liegen. Die Vollautomaten erledigen diese Aufgabe
selbständig, bei den Halbautomaten ist an dieser Stelle der Metallograf in der
Pflicht. Schliffe die mit diesem Verfahren präpariert werden, sind gut reproduzierbar,
da die Parameter wie Zeit und Druck festgelegt werden können.
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8. Reinigen
Bei der Schliffherstellung ist Sauberkeit ein wichtiger Gesichtspunkt.
Nach dem Polieren müssen die Schliffe gründlich gereinigt werden. Zurückgebliebene
Reste der Probenpräparation können die Schliffauswertung oder das anschließende
Ätzen empfindlich stören. Die Schliffe werden unter fließendem Wasser
mit einem Wattebausch abgerieben. Zum Schluss werden die Proben noch mit Alkohol abgespült
und anschließend getrocknet. Zum trocknen wird meist ein Fön oder Händetrockner
benutzt. Im Warmluftstrom trocknet der Alkohol sehr schnell ohne Flecken oder Streifen
zu hinterlassen.
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9. Ätzen
Die polierten Schliffe müssen meistens noch geätzt werden um
eine Untersuchung des Gefüges zu ermöglichen. Ohne Ätzung lassen sich
nur Materialfehler wie Risse, Poren oder nichtmetallische Einschlüsse untersuchen.
In seltenen Fällen gibt es auch Phasen die eine Eigenfarbe aufweisen die sich
von der hellen Schlifffläche abhebt oder deren Härte stark von der des Grundwerkstoffs
abweicht und so ein Relief zu erkennen ist. Die Sichtbarmachung des Gefüges wird
entweder durch Erzeugung unterschiedlich starker Oxidschichten oder durch Reflexion
des Lichts an unterschiedlich geartetem Relief verursacht.
Es wird zwischen Makro- und Mikroätzung unterschieden. Ebenfalls gibt es eine
Einteilung von Kurzzeit- und Langzeitätzungen. Kurzzeitätzungen sind im Zeitrahmen
von Sekunden bis ein paar Minuten angesiedelt, während Langzeitätzungen bis
zu mehreren Stunden dauern können. Die meisten Ätzmittel werden bei Raumtemperatur
angewandt. Einige Ätzungen werden aber auch bei höheren Temperaturen durchgeführt.
Anlassätzungen erfolgen bei Temperaturen von ein paar hundert Grad. Nach Beendigung
des Ätzvorgangs werden die Proben mit Wasser abgespült und nach einsprühen
mit Alkohol getrocknet (nicht bei der Anlassätzung). Die Behandlung mit Alkohol
verhindert die Bildung von Wasserflecken auf der Schliffoberfläche. Um ein Anlaufen
der Schlifffläche und ein Austreten von Feuchtigkeit aus vorhandenen Spaltbildungen
zu verhindern kann die Probe mit einem speziellen Lack eingesprüht werden. Die
Makroätzung soll einen Gesamtüberblick über Seigerungen und Primärstruktur
vermitteln. Die dafür anfallenden Vergrößerungen bei der Beurteilung
liegen im Bereich von 1:1 bis 30:1. Bei der Untersuchung von mikrogeätzten Schliffen
werden Vergrößerungen von 50:1 bis 1000:1 angewandt. Der Einsatzzweck der
Mikroätzung ist die Entwicklung der Mikrogefügestruktur.
Die gebräuchlichste Ätzmethode ist die Tauchätzung. Die Probe wird mit
der Schlifffläche nach oben oder unten in einer Schale mit Ätzmittel eingebracht.
Eine Ätzung der Probe mit der Schlifffläche nach oben ist vorzuziehen da
man den Ätzfortschritt genau beobachten kann. Ein Schwenken der Probe verhindert
ungleichmäßigen Ätzangriff. Spezielle Farbätzmittel werden zur
besseren Unterscheidung einzelner Phasen und Gefügebestandteile benutzt. Es handelt
sich hierbei um Niederschlagsätzungen. Dabei werden sehr dünne Sulfidschichten
oder Oxidschichten auf der Schlifffläche gebildet. Die Dicke dieser Schichten,
und damit ihre Farbabstufung, ist abhängig von der Kristallorientierung und dem
Phasenaufbau. Bei der Anlassätzung wird die blank polierte Probe (ohne Einbettmasse)
in einem Laborofen oder auf einer Heizplatte erhitzt. Die angewandten Temperaturen
liegen je nach Stahlsorte zwischen 200° und 600° C. Durch unterschiedlich stark
ausgebildete Oxidschichten können verschieden Phasen unterschieden werden.
Makroätzmittel
Mikroätzmittel
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10. Direkt am Bauteil
Bei der Prüfung direkt am Bauteil, gemeint sind hier alle Großteile
die nicht zerstört werden dürfen, wird der interessierende Bereich am Bauteil
selbst wie ein metallografischer Schliff präpariert. An einer Stelle der Oberfläche
wird mittels einer Schleifhexe eine Schlifffläche angebracht. Man verwendet Fächerschleifer
in verschiedenen Körnungen (z.B. 60, 150, 320). Nach dem Schleifen wird die spätere
Schlifffläche noch poliert. Der Poliervorgang kann sowohl elektrolytisch als auch
mechanisch erfolgen. Bei der mechanischen Methode wird Diamantpaste (3 µm oder
1 µm) mittels eines Poliertuchs, das an einem langsam laufendem Tellerschleifer
angebracht ist, zum polieren benutzt. Anschließend wird mit herkömmlichen
Ätzmitteln oder elektrolytisch geätzt. Zwischenätzen und Zwischenpolieren
kann zu klareren Bildern führen. Wenn es darauf ankommt Kanten (z.B. von Fehlern
oder Einschlüssen) genau abzubilden, muss in jedem Fall das mechanische Polieren
eingesetzt werden. Bei dem elektrolytischen Polierverfahren würden die feinen
Übergänge schnell ausgewaschen. Die Untersuchung der Schlifffläche wird
mit Hilfe eines Aufsetzmikroskops (transportables Mikroskop) vorgenommen.
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11. Abdruckverfahren
Eine weitere Methode am Fertigteil Untersuchungen vorzunehmen ist das
Abdruck- oder Replicaverfahren. Die Aussagefähigkeit und Abbildungsgenauigkeit
ist fast mit der eines Schliffes vergleichbar. Die Probe wird wie unter Punkt 10 beschrieben
vorbereitet. Anschließend wird eine Kopie des durch das Ätzen erzeugten
Reliefs genommen. Als nächstes wird ein kleines Lackplättchen (Acetatfolie)
mit einem Lösungsmittel, z.B. Aceton, beträufelt und so dessen Oberfläche
leicht angelöst. Die angeweichte Seite des Lackplättchen wird auf die polierte
und geätzte Schlifffläche gelegt. Nach einer kurzen Einwirkdauer, das Lösungsmittel
soll dann vollständig verdunstet sein, kann das Plättchen wieder vorsichtig
von der Oberfläche abgezogen werden. Um den Abdruck möglichst plan zu halten
wird die Folie mit der Unterseite nach oben auf einem Objektträger befestigt.
Durch das Polieren und Ätzen hat sich ein leichtes Relief an der Schliffoberfläche
gebildet welches nun spiegelverkehrt im Lackabdruck wiederzufinden ist. Die mikroskopische
Untersuchung kann an einem stationären Mikroskop vorgenommen werden. Es erleichtert
die Beurteilung der Abdrücke im Lichtmikroskop deutlich, wenn man sie vor dem
Betrachten dünn mit einer Goldschicht besputtert oder bedampft.
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